Beglückt: Arme Familien bekommen Geschenke

Eltern und Kindern, die kein Geld fürs Weihnachtsfest haben, soll die Wunschbaumaktion helfen

von Philipp Richter

Es ist eisig. Gerade hat es noch geschneit, und die Autos sind zugefroren. Vor der Laderampe des Versandhauses „Baby Walz“ in Bad Waldsee stehen die Autos mit den Helfern bereit und warten auf die Kartons mit den Geschenken, die sie gleich ausliefern werden. Sie sind Helfer der Aktion Wunschbaum, bei der bedürftige Familien Weihnachtsgeschenke für ihre Kinder bekommen.

Unter den Fröstelnden sind auch Inge May-Casagrande und Manfred Haggenmiller, die bereits im vergangenen Jahr bei der Aktion geholfen haben, die Geschenke zu verteilen. „Da sieht man erst mal, wie groß die Armut bei uns in der Region ist. Das würde man so gar nicht denken“, sagt Haggenmiller. „Es ist einfach schön, anderen Menschen, „denen es nicht so gut geht wie uns, eine Freude zu machen“. Jede Gruppe hat eine eigene Tour – irgendwo im Landkreis Ravensburg.

26 Gruppen mit je zwei Helfern

Susanne Schlünder ist Pressesprecherin von „Baby Walz“ und die Koordinatorin für die Aktion. Auch sie ist unter den Helfern, die sich aus ehemaligen Mitarbeitern der Kreissparkasse Ravensburg, den Azubis von „Baby Walz“ und Mitarbeitern der Agentur für Arbeit zusammensetzen, die die Päckchen ausliefern. Bevor es allerdings losgeht, müssen noch die ganzen Päckchen aus dem Lager geholt und verladen werden. „Ich brauche die Tour drei. Ihre Päckchen sind da. Bitte schnell hier abholen“, ruft sie in die Menge. Denn schließlich müssen 23 weitere folgen. Insgesamt 26 Gruppen mit je zwei Helfern sind unterwegs.

Wünsche bleiben Wünsche

Nach eineinhalb Stunden ist es dann geschafft, und jeder ist auf Tour. Die einen in Wangen und Leutkirch, die anderen in Bad Waldsee, Ravensburg und den restlichen Gemeinden. Bei Familie Dorner (alle Namen von der Redaktion geändert) in Bad Waldsee ist die Freude groß, als Susanne Schlünder an der Tür klingelt. „Mensch, ist das toll, wir freuen uns so! Das können Sie sich gar nicht vorstellen“, sagt die Mutter.

Denn mit Weihnachtsgeschenken hat Familie Dorner mit ihren drei Kindern, die an Einkommen nur Hartz IV hat, Probleme, diese zu besorgen. „Wir versuchen jetzt gerade, unserem Großen zu erklären, dass wir nicht so viel Geld haben wie andere. Unsere Fünfjährige kann das aber noch nicht verstehen.“ So stehen auf den Wunschzetteln ein Feuerwehrauto, Lego oder ein Puzzle. Wünsche, die ihre Mama nicht erfüllen kann – weil sie arbeitslos ist.

Die Mutter berichtet davon, wie die Kinder erzählen, wie es in der Schule zugeht. „Alle erzählen sie von ihren vielen Geschenken, meine Kinder können da nicht mithalten und wollen natürlich auch Geschenke. Das ist ja klar. Aber woher soll ich das Geld dazu nehmen?“

Auch die Oma von Familie Dorner wohnt im selben Haushalt. „Ich selbst bin auch in einem Haushalt aufgewachsen, wo es nicht viel Geld gab. Ich kenne diese Probleme.“ Die Mutter steht an der Treppe und hat ihren zweijährigen Julian auf dem Arm. Ihr fehlen sichtlich die Worte, als sie die Tüte mit den Herzenswünschen ihrer Kleinen in den Händen hält. „Vielen Dank für alles!“

Auch bei Familie Demirel ist die Reaktion nicht anders. Der Vater erzählt, dass seine Frau und er arbeiten gehen, weil sie arbeiten wollen. Aber keine finden. Deswegen haben beide einen Ein-Euro-Job. Weihnachtsgeschenke können sie davon nicht kaufen. „Es ist schön, dass es so etwas wie die Wunschbäume gibt. Danke.“

Kinderaugen leuchten

Das ist die häufigste Reaktion, wenn Susanne Schlünder und ihr Team bei den Familien klingeln. Sie werden freundlich empfangen. „Manchmal stehen auch die Kleinen dabei. Es ist so schön, wenn die Kinderaugen buchstäblich leuchten“, erzählt Michelle Schultis, die zum zweiten Mal dabei ist.

Trotzdem gibt es auch Familien, bei denen das Päckchen auch nur entgegengenommen wird. Hallo, danke und tschüss. Das seien Ausnahmefälle, sagen die Helfer. Michelle Schultis vermutet aber anderes: „Ich habe das Gefühl, dass sich manche Leute schämen, die Geschenke zu bekommen; dass sie manche zwar brauchen, es ihnen aber nicht recht ist.“

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